[Margit Dorfmüller]

Noch eins: eine meiner liebsten Autorinnen, (neben Elizabeth Strout, Dörte Hansen, neuerdings auch Mariana Leky und Monika Helfer) ist Ann Tyler. Das letzte, das ich von ihr vor ein paar Tagen ausgelesen habe, ist "Der Sinn des Ganzen", bei Kein & Aber erschienen.
Ich habe ein paar Seiten gebraucht, um ein gewisses Gefühl der Belanglosigkeit zu überwinden. Und dann hat es mich - wie immer bei Ann Tyler - in einen alltäglich-besonderen Bann bezogen. Sie versteht es, menschliche Eigenschaften, Charakterzüge, Emotionen, Konflikte, Sehnsüchte und Gedankenknoten in unaufgeregter, sehr zutreffender Weise zu schildern. Anschließend kennst Du alle MitspielerInnen im Buch wie gute Nachbarn.
Für die weiblichen Leserinnen dieses Mal besonders: sie schlüpft in die Rolle eines jungen Mannes.

[Heinrich Maiworm]

So, wie Du den Stil von Anne Tyler beschreibst, Margit, stelle ich mir meinen Roman vor. Allerdings nicht aus der Perspektive eines Protagonisten beschrieben, sondern aus der von deren fünf. Wie bei Monika Helfer wird es eine Familiengeschichte über drei Generationen.

[mariposa]

O, Manno Heinrich. Da hast du dir ein Lebenswerk vorgenommen. Hoffentlich kommen wir noch in seinen Genuss.

[Heinrich Maiworm]

Fürs Recherchieren und Schreiben habe ich fünf Jahre angesetzt, mariposa. Dann Lektorat und Gegenlesen durch Experten (für sexuellen Missbrauch). Das Figurenensemble steht vermutlich, bei der Geschichte wird sich wohl noch die eine oder andere Überraschung entwickeln.

[Urs]

Vermutlich dann: Fifty Shades of Blue?

[Margit Dorfmüller]

@Heinrich: Hast Du "Die Bagage" aus?  Wie hat es Dir gefallen? Ich werde mir noch eins bestellen, bin bei Booklooker angemeldet. Ich kann doch nicht immer neue, gebundene Bücher kaufen.....

[Heinrich Maiworm]

„Die Bagage“ hat mir gut gefallen, ich bin aber nicht ganz so überwältigt wie Du. Das Thema Kuckuckskinder hat mich auch mal beschäftigt, Monika Helfer hat es vielschichtig dargestellt. Und viele andere spannende Themen. Auf deine Empfehlung Anne Tyler freue ich mich noch, als EBook steht „Der Sinn des Ganzen“ in einer längeren Warteschlange. Besonders auf den lakonischen Stil bin ich gespannt.

Kaufst Du Bücher nur bei Booklooker oder verkaufst Du dort auch? Ich hatte einige Jahre ein Lädchen bei Amazon, das war eine interessante Erfahrung.

[Margit Dorfmüller]

@Heinrich: Booklooker habe ich erst vor kurzem entdeckt. Ich hatte vor, ein paar Fachbücher dort zu verkaufen, habe sie aber dann doch verschenkt. Ich kaufe mir häufig neue Bücher, lese sie vorsichtig und verschenke sie dann. Aber bei dem Konsum geht das mittlerweile richtig ins Geld. Es stört mich auch nicht, wenn ich Bücher lese, die sichtliche Gebrauchspuren haben.
Als ich vor gut zwei Jahren mein Haus verkauft habe, habe ich 2.500 Bücher verschenkt. Das war auch eine schöne Erfahrung. Sie standen wochenlang - morgens raus, abends rein - auf einer Ziegelmauer, ich habe sie immer wieder geordnet, einen Stuhl dazu gestellt, Tüten deponiert und ab und an mitgekriegt, wie fremde Menschen darüber ins Gespräch kamen und Freude daran hatten. Die letzten beiden Kisten habe ich den Lions meiner Heimatstadt vermacht.
Für meine Freundinnen bin ich nach wie vor die Ferien-Bücherei. Und nicht immer findet alles den Weg zurück zu mir.

[Heinrich Maiworm]

Es gab Zeiten, da konnte ich mich an fast alles erinnern, was ich gelesen hatte. Das ist längst vorbei. Und bevor ich ein Buch zum zweiten Mal lese, lese ich lieber zwei neue. Vorzugsweise neu erschienene, gerne von jungen Autoren. Aber da bin ich nicht dogmatisch, z.Z. bin ich bei Heinrich Mann, Die Jugend des Königs Henri Quatre und bei Anne Tyler, Der Sinn des Ganzen. 

Kaum eins der Bücher, die ich lesen möchte, bekomme ich in der Stadtbücherei, teure Fachbücher bestelle ich dort per Fernleihe. Würde ich meine gelesenen eigenen Bücher an die Strasse stellen, wären sie vermutlich schnell weg. In die Hände von Leuten, die Interesse an ihnen haben, kommen sie eher, wenn ich sie gebraucht verkaufe. Mein Lädchen hat sich allerdings zu neunzig Prozent aus Nachlässen gespeist, weil Witwen die Bibliothek ihres Mannes nicht in den Müll werfen wollten. Die meisten dieser Bücher liessen sich nur für 0,01 € plus Portopauschale verkaufen, auch wenn die Witwe die komplette, in der Regel so gut wie ungelesene Simmelreihe ihres Gatten für wertvoll hielt.