von Martin13 » Fr 16. Mär 2018, 16:32
In manchen Fällen erschienen klassische Texte aufgrund der Länge und dem fehlenden Bezug zu der Gesellschaft, in der sie spielen, als zu schwierig und/oder möglicherweise zu langweilig, als dass man das alles lesen möchte.
Von der Schule her hat man oft außerdem einen Horror vor der Aufgabe, Interpretationen anzufertigen müssen, um etwas verstehen zu können, weil es dabei anscheinend weniger um eine eigene Auseinandersetzung und Interpretation des Textes, als vielmehr darum ging, die Gedanken des Lehrers zu diesem Text erfolgreich zu erraten.
Interpretationen von anderen, die einem bei dem Verständnis helfen könnten, fallen daher im späteren Leben meistens weg.
Für Marcel Proust gibt es allerdings auch andere Wege, sich seinem Werk zu nähern.
Alain De Botton (2004): How Proust Can Change Your Life (deutsch: Wie Proust Ihr Leben verändern kann. Eine Anleitung.), jeweils mehrere unterschiedliche Ausgaben. Alain De Botton hat eine Reihe von Büchern zu philosophischen Themen veröffentlicht und betreibt zusammen mit anderen die „School of Life“.
Jonah Lehrer (2008): Proust Was a Neuroscientist. Mariner Books (deutsch: (2010) Prousts Madeleine: Hirnforschung für Kreative. Piper). Jonah Lehrer hat einige erfolgreiche Sachbücher aus dem Bereich der Hirnforschung veröffentlicht.
Wenn man die beiden Bücher gelesen hat, gelingt einem ein (nach meiner Meinung) interessanter Zugang zu Proust als ein Ausflug in eine andere Zeit und Gesellschaft, randvoll mit sehr genau gemachten und sehr gut beschriebenen Beobachtungen, nicht nur von Menschen, sondern auch von eigenen und fremden Gefühlen.
Ich habe Alain De Botton nur in Englisch gelesen. Die deutsche Übersetzung wird ganz gut sein, da fast alle seine Bücher erfolgreich ins Deutsche übersetzt werden.
Ich habe Jonah Lehrer in beiden Sprachen gelesen. Die Übersetzung ist in Ordnung. Ich halte den Zusatztitel „Hirnforschung für Kreative“ für irreführend.