[Martin13]

Margaret Atwood ist eine kanadische Schriftstellerin mit über 40 Veröffentlichungen in unterschiedlichen Genres. Neben zahlreichen Auszeichnungen erhielt sie im letzten Jahr war den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In diesem Zusammenhang wurden zahlreiche Bücher von ihr in deutschen Übersetzungen (neu) aufgelegt. Einige der Bücher sind sehr erfolgreich verfilmt worden.
 
Wie so oft enthält die englische Version von Wikipedia erheblich mehr Informationen als die deutsche Version.
 
Im Jahr 2015 veröffentlichte sie „On Writers and Writing“ bei Virago, dass nach meinem Wissen nicht übersetzt vorliegt. Ein Teil des Buches samt Inhaltsverzeichnis ist bei Amazon einsehbar (Orientierung, Doppeldeutigkeit, Hingabe, Verführung, usw.).
 
Das Buch ist nach meiner Ansicht sehr gut geschrieben und schildert die Rolle des Autors und die Anforderungen an das Schreiben aus ihrer persönlichen Erfahrung. Das dabei genutzt Vokabular geht über das hinaus, was in Unterhaltungsromanen genutzt wird. Das ist auch nötig, damit der Text präzise, genau und stimmig wird.
 
Damit diejenigen ohne viel Praxis in der englischen Sprache einen schnellen Eindruck bekommen, habe ich die erste Seite (als Anreiz) frei übersetzt:
 
„Als ich in den frühen1960er Jahren Studentin im Fach Englische Literatur war, mussten wir alle einen wichtigen kritischen Text mit dem Titel Seven Types of Ambiguity (1)(1930) lesen. Es ist mit Überraschung zur Kenntnis zu nehmen, dass dieses gelehrte Buch von William Empson geschrieben wurde, als er lediglich dreiundzwanzig war. Es ist auch mit Überraschung zur Kenntnis zu nehmen, dass er, während er in der heftigsten Phase der Gestaltung des Textes war, von der Universität von Cambridge verwiesen wurde, weil er mit Verhütungsmitteln in seinem Zimmer erwischt wurde.
 
Dies ist ein passender Kommentar dazu, wie wir alle in der Zeit gefangen sind, weniger wie Fliegen in Bernstein – nicht so fest und durchscheinend – als eher wie Mäuse in Sirup; weil heute sicherlich jemand dafür verwiesen würde, wenn er ohne Verhütungsmittel in seinem Zimmer erwischt würde. Der dreiundzwanzig Jahre alte William Empson klingt wie ein weiser und rücksichtsvoller(2), als auch tatkräftiger junger Mann, und einer, der angesichts einer Entmutigung nicht aufgibt, und als ich aufgefordert wurde, die Empsom Vorlesungen an der Universität von Cambridge für das Jahr 2000 zu halten – eine Serie von sechs Vorlesungen für eine Audienz nicht nur aus Gelehrten und Studenten, sondern auch aus der allgemeinen Bevölkerung – war ich mehr als erfreut.
Beziehungsweise, ich war erfreut, als ich zuerst aufgefordert worden war – solche Vorhaben sehen zwei Jahre in der Zukunft immer so einfach und angenehm aus –aber als sich der Zeitpunkt näherte, an dem ich die Vorlesungen zu halten hatte, wurde die Freude täglich weniger.“
 
 
Anmerkung zur Übersetzung:
(1) Das Buch ist weiterhin lieferbar und eines der am meisten gelesenen und zitierten Werke zur literarischen Analyse. Das Inhaltsverzeichnis kann bei Amazon eingesehen werden und erläutert die sieben Arten von Ambiguität. „Ambiguity“ bedeutet je nach Kontext Unklarheit, Ungewissheit, Mehrdeutigkeit, Vieldeutigkeit, Doppelsinnigkeit und ähnliches mehr. Dieses eine Wort hat viele Bedeutungen, passend zum Sinn des Wortes, deswegen enthält Empsons Buch noch einiges mehr.
In der Regel ist das andersherum. In der deutschen Sprache gibt es ein Wort, was dann im Kontext erläutert werden muss. In der englischen Sprache gibt es dafür (Wort und Kontext) einen spezifischen Begriff. (Zum Beispiel die Übersetzung von Unsicherheit je nach Kontext als uncertainty, insecurity, precariousness, tentativeness, unstableness, unsteadiness, unsureness oder incertitude.)
(2)“considerate“ hat je nach Kontext sieben leicht unterschiedliche Bedeutungen, zudem ändert sich der Gebrauch auch über den Lauf der Jahre.
 
Das Buch ist aus diesen Empsom Vorlesungen entstanden.