Hallo Katharina,
geht es um Schuld und Sühne?
Um ein Verzeihen am Ende?
Oder um eine wahre Läuterung von Böse zu Gut?
Gleich zu Beginn frage ich mich:
… dass man als alleinerziehende Frau schlechte Chancen hat, das große Geld zu machen. Ihre Unzufriedenheit über ihr Leben, das sie sich so ganz anders vorgestellt hatte, überträgt sie auf Prota, sodass schon früh die Vorstellung in Prota wächst, dass sie am besten abgesichert ist, wenn sie eine gute Partie macht.
… ob deine Heldin mir sympathisch ist. Man versetze sich einfach umgekehrt in die Leser, die ja nun eine Figur sehen wollen, mit der sie sympathisieren können. Hat deine Heldin das Zeug dazu?
Es ist vllt etwas übertrieben, aber ich würde empfehlen, eine wahre Liebes-Beziehung mit der Hauptfigur anzustreben. Also – du als Autorin als Schöpferin, mit deinem Wesen.
In ihrer Fantasie malt sie sich entspannte Wellnesstage und Shoppingtouren aus und weiß, …
Dito. Zu erkennen ist eine weibliche Figur mit tradiertem Rollenverhalten. Ich sehe, du willst die Figur zum Schluss läutern, aber kommen deine Leser bis zum Schluss?
Spitz doch die Lage für die Figur zu, so dass sie am Ende in die Enge getrieben wird und ihr nichts anderes bleibt als diese Quasi-Hochzeit. Lass sie schwanger mit Drillingen werden oder querschnittsgelähmt, etc. pp. Das wäre der Stoff, von dem die Leser mehr lesen wollten.
Überhaupt hat sie ihr Leben als Lügengerüst aufgebaut und bisher die Erfahrung gemacht, dass sie damit am besten durchs Leben kommt.
Dito. Ich würde es nicht tun.
Deine Leser
müssen sie mögen. Andernfalls klappen sie das Heft hier schon zu.
Wär doch schade, oder?
Schon in der Wartehallte stößt sie mit A. (Name noch unbekannt) zusammen, der von ihrem Heulen genervt ist, da er sich gerade auf der Sitzbank hingelegt hatte um zu schlafen.
Um wie viel spannender wäre es, wenn deine Leser mit der Figur schluchzen würden. Du weißt, worauf ich hinaus möchte.
Er entschuldigt sich damit, dass er am Tourettesyndrom leidet, doch Prota tut das als billige Ausrede ab.
(Frage an euch alle: Ist es anmaßend, als gesunder Mensch über eine solche Krankheit zu schreiben? Ist es für diese Story notwendig?
Das ist hier nicht das Hauptproblem. Das Hauptproblem ist, dass deine Protagonistin keine sympathischen Züge hat. Das macht dann den Tourette-Mann noch interessanter hier, aber das ist auch schon alles. Wäre es möglich, die Handlung hier erst beginnen zu lassen? Ich bin zwar kein Rückblenden-Fan, aber beim Kennenlernen kann man sich doch das Wichtigste aus dem Leben bis hierher einfach erzählen. Durch den Kontakt mit dem Tourette-Mann wird sie ja auch sympathischer. So sehen die Leser sie ggf. viel lieber. Vllt. hat sie ja auch eine Krankheit, spontan fällt mir „Ritzen“ ein, die das ganze Dilemma symbolisch darstellt.
Ach, letztens habe ich einen Film mit einer Tourette-Figur als Hauptfigur gesehen, und zwar „Ein Tick anders“. Sicher ist es wichtig, einmal zu schauen, wie andere das Thema angefasst haben:
https://m.moviepilot.de/filme/beste/handlung-tourette-syndrom … dass er eigentlich nett und hilfsbereit ist und da sie bei ihrer überstürzten Flucht nicht bedacht hat, …
Ich komme nicht umhin festzustellen, dass sie eher unsympathisch ist. Wieso eigentlich?
Wie erhofft, bietet A. ihr aus Mitleid an, für einige Tage bei ihm unterzukommen.
Hat sie sich den Unterschlupf bei ihm ergaunert?
Es liest sich so.
Ihr schlechtes Gewissen quält sie, da alles auf einer Lüge basiert. Außerdem weiß sie, dass A. mittellos ist und sie mit ihm nicht ihr erhofftes Leben in Wohlstand führen wird.
Ich verstehe immer noch nicht, warum sie so schlecht sein muss.
Du kannst den Sack für sie einfach enger schnüren, indem du sie so weit quälst, dass du sie da hast, wo du sie hin haben willst.
Lass sie doch von ihm gefangen genommen werden. Oder sie verliert ihren Ausweis.
Du solltest dich liebevoll mit ihrer Vergangenheit auseinander setzen und für die Leser nachvollziehbar erkennbar machen, warum sie so ist, wie sie ist. Vllt. ist sie als junges Mädchen vergewaltigt worden vom Vater und kommt aus einer Lolita-Nummer nicht raus?
Nur als Idee …
Es kommt heraus: Er wusste von ihren Affären und pflegte seinerseits ebenfalls einige Beziehungen zu Dominas.
Aus Lesersicht ist doch einer … pardon, beinahe hätte ich „blöder“ geschrieben, als der andere. Ich finde einfach keine Sympathieanker.
Ich soll mich als Leserin für Figuren interessieren, die ich gar nicht mag? Das ist leider kein guter Stoff. Oder sagen wir: der Stoff ist gut, aber die Figuren, die ihn transportieren, sind aus grob unsympathischem Holz geschnitzt.
Sie fühlt sich leer und erkennt, dass die Hülle einer Beziehung ihr nicht mehr ausreicht. Sie trennt sich endgültig von ihrem Verlobten, sucht A. auf und bittet ihn um Verzeihung. Sie merkt, dass es ihr nicht mehr wichtig ist, dass ihr Partner gesellschaftlich hoch anerkannt ist, sondern dass es viel wichtiger ist, dass sie mit ihrem Partner glücklich und ehrlich sein kann.
Ende gut, alles gut.
Hier ist sie mir zum ersten Mal sympathisch.
A. nimmt ihre Entschuldigung an, kann ihr jedoch nicht mehr vertrauen.
Ach so, es war noch nicht zu Ende.
Schließlich taucht A. auf. Er hat ihren Blog verfolgt und glaubt ihr nun, dass sie sich wirklich geändert hat. Er kann ihr endlich verzeihen.
Das ist das Thema, also die Prämisse, des Werks?
Sozusagen bekommt sie den Mann für gutes Benehmen am Ende als Zugabe?
Sorry, wenn ich das hier so ketzerisch frage. Ich würde ihren Benefit deutlich mehr
ihr zukommen lassen. Ich seh sie sonst nur Weibchen wie ein Tier, das man Ende füttert mit einem Männchen-Leckerli.
Das Ganze musst du in meinen Augen wesentlich subtiler angehen. Man kann ja am Ende andeuten, wie der Mann in Aussicht stellt, dass „es“ noch mal was ergeben könnte. Das Verziehen allerorts finde ich zu dick aufgetragen. Vor allem, wenn sie weiterhin so unsympathisch bleibt. Dann klingt es eher nach einer Strafe für den Partner, wenn sie dem wieder zufällt.
Okay. Ich würde mich freuen, wenn du noch einmal in dich gehst und dir eine Liebesbeziehung zwischen dir und deiner Heldin ausdenkst. Als Autorin stehst du ganz oben in der Spannungs-Nahrungskette. Wenn da die Beziehung zur Heldin schon nicht stimmt, bleibt am Ende (der Nahrungskette) keine Figur mehr für die Leser, mit der sie sympathisieren können. Aber genau das ist hier ja unser Job: die Leser zu unterhalten.
Herzliche Grüße,
schickt dir Elke